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An der Ecke Ahornstrasse/Industriestrasse entstand ein ganz besonderes Bauwerk. In Anlehnung an die berühmten hängenden Gärten im alten Babylon heisst die elegante Konstruktion Semiramis.

In fünf frei geformten und raffiniert angeordneten Holzschalen wachsen Gräser, Blumen, Stauden und Sträucher, ja sogar Bäume. Das Kunstwerk aus Hightech und Natur bildet die Mitte des Tech Cluster Quartiers und einen schattenspendenden, ruhigen Treffpunkt. Vor allem soll Semiramis den innovativen und unternehmerischen Geist des zukünftigen Tech Cluster abbilden. Eine naturnahe Stadtentwicklung und die Anwendung von Hightech-Methoden und Materialien schliessen einander nicht aus, im Gegenteil. Aber die nachhaltige Verbindung von Umwelt und Technik ist eine langwierige und komplizierte Aufgabe und erfordert den kreativen Einsatz sowohl von fortschrittlichen Forschungsmethoden, planerischer Fantasie und handwerklicher Erfahrung.

Entworfen wurde Semiramis in einer engen Zusammenarbeit von Matthias Kohler von der ETH-Professur für Architektur und Digitale Fabrikation, der Landschaftsarchitektin Rita Illien und Andreas Burgherr von Timbatec Holzbauingenieuren. Zusammen mit vielen anderen Spezialisten entstand eine ausdrucksstarke Konstruktion als Symbiose von Technologie und Natur. Kein Kunst-am-Bau-Schmuckstück, sondern ein Natur-Kunst-Werk, das die langfristige und nachhaltige Ausrichtung des Tech Cluster zeigt.

Semiramis

Eigentümer Urban Assets Zug AG
Projektdauer 2021 bis 2022
Höhe 22,5 m
Schalen 5 Stück
Stahlstützen 6 Stück
Bepflanzte Fläche 186 m²
Pflanzenarten 125 Stück
Anzahl Pflanzen 1 299 Stück
Architektur Gramazio Kohler Research ETH Zürich
Landschaftsarchitektin Rita Illien

Für die Bepflanzung der «hängenden Gärten von Zug» liess sich die Landschaftsarchitektin von der Arbeit von «Info Flora» inspirieren. Diese gemeinnützige private Stiftung dokumentiert und fördert die Wildpflanzen in der Schweiz. Gründungsmitglieder von «Info Flora» sind unter anderen «Pro Natura», die Schweizerische Botanische Gesellschaft sowie die Schweizerische Akademie der Naturwissenschaften. Die Stiftung erfasst mithilfe unzähliger privater Pflanzenfreunde die Flora der Schweiz und dokumentiert diese in einer Datenbank. Diese zeigt, dass es in einem Quadrat von fünf mal fünf Kilometern um das Tech Cluster-Areal rund 1’000 Pflanzenarten gib. Semiramis wird etwa zehn Prozent dieser vielfältigen Zuger Flora repräsentieren.

Die Form von Semiramis entspricht dieser Bepflanzungsidee. Die Stapelung ergibt sich aus den Pflanzenschichten: bodennahe Gräser und Farne, dann Stauden und Sträucher und schliesslich Bäume wie Birken oder Feldahorn mit einer Höhe von bis zu sieben Metern. In jeder Schale werden die Pflanzen sorgfältig gemischt und dicht platziert. Die einzelnen Pflanzen-«Etagen» sind gegeneinander verschoben, damit es beregnete und trockene, aber auch sonnige und schattige Bereiche gibt. Die Versorgungsleitungen für Wasser und Nährstoffe sind in die Stützen integriert. Für die Landschaftsarchitektin unterstreicht, dass Semiramis nicht als Notbehelf oder gar als Ersatz für Grünflächen und richtige Bäume dient.

Semiramis ist auch keine ökologische Massnahme, die direkt zur CO₂-Vermeidung und zur Entlastung des Klimas beiträgt. Die lebendige Skulptur ist vielmehr ein künstliches und künstlerisches Zeichen für einen kreativen und intelligenten Umgang mit der Spannung zwischen Natur und Technologie, für die im Tech Cluster angestrebte Verbindung von Innovation und Nachhaltigkeit.

Semiramis besteht aus fünf grossen, an schmalen Säulen scheinbar schwebenden Holzschalen, in die der bunte, aber bodenständige Mix von lokalen Arten gepflanzt werden. Entworfen wurden diese Schalen von den Forschenden der Gruppe Gramazio Kohler Research am Architekturdepartement der ETH Zürich mithilfe eines Machine-Learning-Algorithmus. Mit einer Variation der Zielgrössen für die zu bepflanzende Fläche sowie für den Sonnen- und Regenschutz wurden Tausende von möglichen Formen und Anordnungen der Schalen erzeugt. Für Matthias Kohler zeigt Semiramis, dass der traditionelle Prozess, wo ein erster Entwurf im Laufe der Planung immer wieder verändert wird, durch den Einsatz von Algorithmen kreativ ergänzt werden kann.

Die schweren, millimetergenau zugeschnittenen Holzplatten wurden im Robotic Fabrication Laboratory der ETH Zürich durch vier im Team arbeitende Industrieroboter zusammengefügt. Bei der Fabrikation mit Robotern, zu der an der ETH geforscht wird, nehmen die Maschinen den Handwerkern die grossen Lasten und das exakte Positionieren ab. Zudem kann im Montageprozess auf materialintensive und teure Unterkonstruktionen verzichtet werden. Im Anschluss an die Puzzle-Arbeit wurden die Platten temporär fixiert und die Fugen mit einem speziell entwickelten Giessharz verklebt. Auf diese Weise wurden zwischen 51 und 88 Holzplatten maschinell zu den Schalen oder Schalenteilen verarbeitet.

In einem nächsten Schritt wurden Schalen von den Holzbauern der Firma ERNE, die für das Semiramis-Projekt als TU agierte, für die Montage vorbereitet. Dazu gehörte der Einbau von Stahlelementen für die Verbindung mit den senkrechten Trägerröhren und für den Schutz und die Verstärkung der Schalenränder. Auch wurden eine Folie für die Wasserisolation angebracht, ebenso ein System von Sensoren für die Überwachung der Dichtigkeit. Dann wurden die drei kleineren Schalen und die Elemente für die beiden grössten Schalen für die Endmontage nach Zug gefahren.

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